Warum hätte der Kämmerer als Vertreter des Bürgermeisters den Beschluss des Rates für rechtswidrig erklären müssen, hätten alle so abgestimmt wie die SPD? Ein Erklärungsversuch.
Ein Beschluss wie von der SPD beantragt, wäre rechtswidrig gewesen.

Warum hätte der Kämmerer als Vertreter des Bürgermeisters den Beschluss des Rates für rechtswidrig erklären müssen, hätten alle so abgestimmt wie die SPD? Ein Erklärungsversuch.

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Warum hätte der Kämmerer als Vertreter des Bürgermeisters den Beschluss des Rates für rechtswidrig erklären müssen, hätten alle so abgestimmt wie die SPD? Ein Erklärungsversuch.

Zum Verständnis müssen zunächst die formalen Hintergründe erläutert werden. Der Beschluss des Rates über die Zulässigkeit des Abwahlantrages ist ein VERWALTUNGSAKT. Ein sehr selte ...

Zum Verständnis müssen zunächst die formalen Hintergründe erläutert werden. Der Beschluss des Rates über die Zulässigkeit des Abwahlantrages ist ein VERWALTUNGSAKT. Ein sehr seltener Fall, dass ein Ratsbeschluss so „einzuordnen“ ist.

Grundsätzlich:

Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 35 Verwaltungsverfahrensgesetz).

Jeder kennt solche Verwaltungsakte, z.B. den Bußgeldbescheid, Steuerbescheid oder Wohngeldbescheid. Hiergegen hat der Bürger immer die Möglichkeit, sich zur Wehr zu setzen: entweder Widerspruch einzulegen oder zu Klagen.

Das Gesetz – hier der § 66 (Abwahl des Bürgermeisters) der Gemeindeordnung NRW – setzt bei diesem konkreten Ratsbeschluss die Existenz eines Verwaltungsaktes voraus, da der Gesetzgeber den Vertretern des Antrags die Möglichkeit eingeräumt hat, gegen die ablehnende Entscheidung des Rates Klage zu erheben (§ 66 III Satz 7 GO NRW).

Der Ratsbeschluss betrifft nicht eine Angelegenheit der Gemeinde Alfter, sondern ein subjektiv-öffentliches Recht der Gemeindebürger. Diese machen ihr bürgerschaftliches, öffentliche Recht nach § 66 GO NRW, ein Abwahlbegehren zu initiieren1 (NVwZ-RR 2003, 448, beck-online), geltend.

Jetzt sei schon bemerkt, dass der Rat im vorliegenden Fall als Behörde agiert.

Bei dem hier in Rede stehenden Verwaltungsakt handelt es sich um eine sogenannte „gebundene Entscheidung“. Bei einer gebundenen Entscheidung muss die Verwaltung, wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, die im Gesetz vorgesehene Rechtsfolge herbeiführen. Ihr steht also kein Ermessen zu. Das ergibt sich aus der Formulierung im § 66 GO NRW.

Heißt im vorliegenden Fall: liegen mindestens 3.792 ordnungsgemäße Stimmen vor, ist der Antrag zulässig (§ 66, S. 3 GO NRW), wie bei einem Wahlergebnis. Die Behörde, also der Rat, muss dann zwingend die Zulässigkeit des Antrages feststellen.

Hätte der Rat, wie von der SPD gefordert, nach dem Ergebnis der Stimmen die Zulässigkeit festgestellt, wäre das ein formaler Fehler, da das Ergebnis der Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt „NICHT AUSREICHENDE STIMMZAHL“ zu dem von der SPD geforderten Beschluss „ANTRAG ZULÄSSIG“ einen inhaltlichen Widerspruch darstellt. In der Folge muss der Bürgermeister (hier in Vertretung der Kämmerer) spätestens am dritten Tag diesem Beschluss widersprechen, da er geltendes Recht verletzen würde.

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Ergänzende Erläuterung:

Ein Verwaltungsakt muss begründet sein. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 39 Verwaltungsverfahrensgesetz). An diesem Punkt haben die FREIEN WÄHLER Alfter mit Ihrem Antrag angesetzt. Die Verwaltungsvorlage stellt die Begründung für den nachfolgenden Beschluss (Feststellung der Zulässigkeit / nicht Zulässigkeit des Antrags) dar. Diese ist aus unserer Sicht nicht ausreichend und gründet aus unserer Sicht auf einer falschen Tatsachenbehauptung seitens der Verwaltung. Hier nochmal unser Antrag zur Sitzung: https://freie-waehler-alfter.de/2024/02/17/buergerantrag-abwahl-buergermeister-wir-beantragen-eine-externe-gutachterliche-stellungnahme/

Sandra Semrau

Stellvertretende Fraktionsvorsitzende

1 vgl. Ritgen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, 1997, S. 253 – für das vergleichbare Bürgerbegehren auf Gemeindeebene; vgl. ferner: OVG Greifswald, NVwZ 1997, 306f.; Wansleben, in: Held/Becker/Decker/Kirchhof/Krämer/Wansleben, KommunalverfassungsR, Stand: Dezember 2001, § 26 GO Erl. 5.3; Rehn/Cronauge, NWGO, Stand: März 2001, § 26 GO Erl. VII.1.; anders: OVG Bautzen, NVwZ-RR 1998, 253 f.; Fischer, NWVBl 1995, 366 [369]